Heute treffe ich mich mit Karoline von der Hofgemeinschaft Rothenhausen.

 

Karoline - oder kurz Karo, wie sie viel lieber von allen genannt wird - leitet die Käserei auf dem ehemaligen Gutshof. Da ich selber Käseliebhaber bin, freue ich mich ganz besonders auf die Einführung in die Geheimnisse der Käseherstellung.

 

 

 

 

 

 

 

Karo steht neben ihrem wichtigsten Arbeitsgerät, dem Käsekessel. Heute soll Schnittkäse hergestellt werden. Dazu wird zunächst die frisch abgefüllte Milch auf die erforderliche Temperatur erwärmt.

Heute wurden 280 Liter verwendet, aus der am Ende gut 28 Kilo Käse entstehen. 


Karo ist in Polen geboren und aufgewachsen, bis zu ihrem achten Lebensjahr lebte sie mit ihrer Familie im ehemaligen Schlesien. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks übersiedelte die Familie 1992 in den Westen, wo sie sich zunächst in der Nähe von Gießen niederließen. Karo sprach zu jener Zeit noch kein Deutsch. Heute verrät nur noch ein sympathisches, leicht rollendes R ihre fremdsprachige Herkunft.

 

Nach dem Fachabi studierte sie ökologische Agrarwissenschaften in Witzenhausen (Nordost-Hessen) und schloss das Studium als Bacherlor of Science ab.

 

Danach führte sie ihre beginnende berufliche Laufbahn über Bautzen (als Käserin), ins Berner Oberland und nach Dresden. Auf Hiddensee lernte sie ihren Mann Sebastian kennen, der ebenfalls in der Hofgemeinschaft (Hühner und Baustellen) mitarbeitet.

 

Über die Bekanntschaft mit Philipp und Verena Hennig wurde sie auf die zu übernehmende Käserei in Rothenhausen aufmerksam. Das Projekt überzeugte sie offensichtlich so sehr, dass sie 2013 die Käserei innerhalb der GbR als Teil der Hofgemeinschaft übernahm. 


 

 

 

Die Käserei ist in einem kleinen Anbau an das Stallgebäude untergebracht, gleich neben den Milchkühen, die den notwendigen Grundstoff für Karos Handwerk liefern.

 

 

Die Käseproduktion findet an zwei bis drei Werktagen in der Woche statt. An den übrigen Tagen werden Quark und Joghurt hergestellt. Damit ist die Käserei besser ausgelastet und sorgt zugleich für ein reichhaltigeres Angebot. Alle Produkte werden im gegenüberliegenden Hofladen und über den Lieferservice angeboten.


Bevor man den Produktionsraum betreten kann, müssen erst die Straßenschuhe gegen Käsereischluffen getauscht, ein Haarnetz und ein frischer, weißer Kittel übergezogen werden. Denn, und das lerne ich als erstes, Sauberkeit ist das erste Gebot in einer Käserei. Das sollte es zwar überall sein, wo mit Lebensmitteln hantiert wird, aber für eine Käserei gilt das ganz besonders. Das Einschleppen von falschen Keimen würde sowas wie den „Supergau“ bedeuten.

 

So umgezogen sehe ich also aus wie der Oberarzt kurz vor der Operation, betrete den Raum und sehe erst mal gar nichts - oder zumindest recht wenig.

Hohe Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit lassen augenblicklich Brille und Fotooptiken beschlagen. Es dauert eine ganze Weile, bis sich Brille und Gerätschaften akklimatisiert haben. 


 

 

 

Zwischendurch bereitet Karo das Kälberlab vor. Das Lab sorgt dafür, dass im Kessel das Milcheiweiß, auch Kasein genannt, ausfällt und der Käse fest wird.

 

 

 

 

 

Nach dem Einrühren des Labs ist also erst einmal Warten angesagt. Überhaupt verbringt man sehr viel Zeit mit Warten und Prüfen. Damit keine Langeweile aufkommt, werden immer gleich die letzten Arbeitsgeräte gründlich gereinigt. Überhaupt scheint der Reininungsschlauch im Dauereinsatz zu sein, was auch die hohe Luftfeuchtigkeit erklärt.



Mit einem Messer prüft sie immer wieder ob die Milch eine quarkähnliche Konsistenz erreicht hat. Dann geht es an das Schneiden der Substanz mit einer Vorrichtung aus messerähnlichen Metallkämmen. Mit der Käseschufe wird dieser Prozess zusätzlich unterstützt. Dieser Arbeitsgang erfordert höchste Konzentration, schon mancher Praktikant hat bereits schmerzvolle Erfahrungen mit den Metallkämmen gesammelt.

 

Es wird so lange geschnitten und geprüft, bis die so geschnittenen Käseteile die richtige Größe für die gewünschte Käsesorte erreicht haben. Je größer die Teile, desto weicher wird der Käse. Mit dieser Prüfung wird also entschieden ob Hart-, Schnitt- oder Weichkäse entstehen soll.

 

Die entstandene Molke wird aus dem Kessel abgelassen und zur Weiterverwendung abgepumpt.

 


Jetzt kommen die Käseformen zum Einsatz, die nach dem Desinfektionsbad noch einmal gründlich abgespült werden.

Gleichmäßig wird die Käsesubstanz in die Formen gefüllt. Durch den siebähnlichen Aufbau fließt Restmolke ab, was durch zusätzliches Drücken unterstützt wird. Für bestimmte Käsesorten gibt es eine spezielle Pressvorrichtung.

 

Nun sollen die noch jungen Käselaibe unter einer Abdeckung erst einmal ruhen und weiter abtropfen. Die Prozesse im Käseraum sind somit abgeschlossen. Als nächstes geht es in den Reifekeller.

 

Aber zunächst freue ich mich auf die frische Außenluft. 

 

 

 

Im Reifekeller, der Name sagt es bereits, reifen die Laiber in kühler Umgebung langsam zum Endprodukt heran. Härtere Käsesorten brauchen etwas länger, dieser Prozess kann bis zu knapp einem Jahr dauern. Hier im Reifekeller steht in einer Ecke auch das Solebad in dem der Käse vor dem Reifen „gebadet“ wird, um Salz für den Geschmack aufzunehmen.


 

 

 

 

Nun will ich mich aber auch kulinarisch von Karos Kunst überzeugen. Dazu führt mich mein Weg schnurstraks in den Hofladen an die Käsetheke. Hier führt mich die freundliche Bedienung durch die verschiedenen Käsesorten in der Auslage. Ich entscheide mich für einen Hügelalma Alt der mind. 6 Monate reifte.

 

Ich kann's kurz machen: Köstlich!

 

 


Karo ist Käserin aus Leidenschaft. Das kann ich gut verstehen, denn das Arbeiten mit einem Naturprodukt unter wissenschaftlichen Hintergrund, das dennoch sehr viel Handwerk beinhaltet, ist alles andere als langweilig.

 

 

Vielen Dank für die Einblicke in Deine Arbeit, Karo!

 

 

Armin Reichhardt, März 2019